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Relief

für fünf Instrumente

Einführungstext

In Relief beschäftigt mich die Frage, wie gleichzeitig ablaufende Prozesse dargestellt werden können. Bei der Überlagerung mehrerer Prozesse droht auf der einen Seite Beziehungslosigkeit der überlagerten Schichten zueinander, auf der anderen das Extrem der Verschmelzung: die gegenseitige Auslöschung. Scheinbar mühelos aufgehoben sind diese Probleme im Paradiestor von Lorenzo Ghiberti, das 1452 als Ostportal des Florentiner Baptisteriums eingesetzt wurde. Dieses vergoldete Bronzetor zeigt auf zehn annähernd quadratischen Tafeln Szenen aus dem Alten Testament, die mit den Mitteln des Reliefs perspektivischen Raum vortäuschen. Durch die kontinuierliche Staffelung der Raumebenen werden unterschiedliche Phasen einer einzigen Geschichte simultan dargestellt und inhaltlich verschränkt. So sieht man auf der ersten Tafel gleichzeitig die Erschaffung Adams, die Erschaffung Evas, den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies in verschiedenen Tiefen dargestellt. Verschiedene Tiefen gleichzeitig: diese Beobachtung an Ghibertis Paradiestür findet sich in deformierter Gestalt auch in meinem Stück. Das Relief hebt sich durch gestisch-instrumentale Konturierungen vom zugrunde liegenden Tonvorrat-Untergrund ab, der auf dem mehrmaligen Abspulen sich verdichtender Modi basiert.